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Auf der Suche nach dem Heiligen Gral - oder wie ich meine Schüler:innen motivieren kann

Updated: Mar 16, 2022


Für Lehrer:innen



Von Julia Klug


Die Frage, wie man Schüler:innen motivieren kann, beschäftigt uns. Motivation als intrapersonaler Katalysator für die Umwandlung von Potenzial in Leistung[1] ist so wichtig für das Lernen. Die Forschung zu selbstreguliertem Lernen und Motivation kann uns bei der Gestaltung unseres Unterrichts helfen, um die Motivation der Schüler:innen zu steigern.


Motivation im Selbstregulationsprozess

Motivation ist wichtig vor dem Lernen, um überhaupt erst mal „den Rubikon zu überqueren"[2], und sich auf eine Aufgabe einzulassen. Das Setzen von Zielen, am besten in erreichbaren Babyschritten, die meinen Weg zum weiter entfernten Ziel beschreiben, hilft mir, meine Motivation zu finden und aufrechtzuerhalten.


Während des Lernens ist es notwendig, meine Motivation aufrechtzuerhalten und den Versuchungen attraktiver Alternativen[3] zu widerstehen, um bei der Sache zu bleiben. Als Selbstmotivationstechnik könnte ich mir vorstellen, wie gut es sich anfühlt, wenn ich die Aufgabe in Zukunft gemeistert haben werde. Ich könnte mir auch überlegen, mich zu belohnen, wenn ich ein Teilziel erreicht habe.


Nach dem Lernen ist die Motivation wieder wichtig vor allem für nachfolgenden Aufgaben. Diese hängt auch von meinen Emotionen ab – nur zur Sicherheit sei erwähnt, die positiven Emotionen sind diejenigen, die gut für die Motivation sind – und in erster Linie davon, welche Ursachen ich für meinen Erfolg sehe oder nicht.


Warum ist mir das passiert?

Die Attributionstheorie[4] postuliert, dass wir nach Ursachen suchen, warum wir – oder andere, also unsere Schüler:innen – erfolgreich oder nicht erfolgreich waren. Motivation wiederum hängt stark davon ab, welche Ursachen wir für unsere Erfolge oder Misserfolge vermuten. Generell ist es sinnvoll, wenn wir Misserfolge auf variable Ursachen zurückführen, um unsere Motivation aufrechtzuerhalten. So können wir in unserem nächsten Versuch etwas ändern und haben die Möglichkeit, dann doch noch erfolgreich zu sein.


Mögliche vorteilhafte internal variable Ursachenzuschreibungen könnten sein:

· vielleicht habe ich mich nicht genug angestrengt – ich könnte mich nächstes Mal mehr anstrengen

· vielleicht war meine Strategie nicht die beste – ich könnte eine andere Lernstrategie ausprobieren

· vielleicht hatte ich nicht genug Zeit – ich könnte mehr Zeit einplanen und früher anfangen

· vielleicht war mein Ziel unrealistisch – ich könnte es anpassen

· vielleicht kann ich die Aufgabe im Moment nicht alleine lösen – ich könnte um Hilfe bitten

· vielleicht hatte ich keine ruhige oder anregende Umgebung – ich könnte in einer anderen Umgebung lernen

· …


Würden wir Misserfolge stattdessen auf stabile Ursachen zurückführen, könnten wir nichts dagegen tun, und das behindert unsere Motivation. Tatsächlich könnten wir, wenn wir Misserfolge auf intern stabile Ursachen zurückführen, unsere Selbstwirksamkeit völlig verlieren oder uns bei anstehenden Aufgaben sogar hilflos fühlen.


Bei Erfolgen ist es auch gut, über internal variable Ursachenzuschreibungen nachzudenken, um die Dinge, die gut geklappt haben, aufrechtzuerhalten. Allerdings kann es manchmal auch gut für mein Selbstwertgefühl sein, mir klar zu machen, dass ich die nötigen Fähigkeiten besitze.

Schließlich ist es wichtig, dass die von uns angenommenen Ursachen einigermaßen realistisch sind.


Was für uns als Lehrpersonen bei diesen Attributionen besonders wichtig ist, ist, dass wir mit ihnen ein wirksames Instrument zur Förderung der Motivation unsere Schüler:innen an der Hand haben. Indem wir Feedback geben, das vorteilhafte Attributionsstile berücksichtigt, können wir die Motivation steigern. Wir können den Schüler:innen in unserem Feedback sagen, welche möglichen variablen Ursachen wir sehen, oder sie nach ihren Erklärungen fragen, um mit ihnen an einem vorteilhafteren Attributionsstil zu arbeiten, damit sie nicht ihre Motivation oder ihr Selbstwertgefühl aufgrund von ungünstigen Attributionen verlieren.


Ich glaube, dass ich das kann und ich will das machen

Auch die Erwartungs-mal-Wert-Theorie[5] gibt uns Hinweise, wie wir die Motivation unserer Schüler:innen fördern können. Sie beschreibt Motivation als Produkt der Erwartung, dass ich etwas schaffen kann und dem Wert, den die Tätigkeit oder Aufgabe für mich hat. Warum ist es ein Produkt? Wenn eines von beiden, Erwartung oder Wert, „Null“ wäre, wäre die Motivation auch „Null“.


Was können wir also tun? Zur Wertförderung könnten wir versuchen, das Interesse der Schüler:innen für die Lernthemen zu wecken, indem wir z.B. einen spannenden Einstieg wählen, neugierig machen, die Relevanz des Themas zeigen, unsere eigene Faszination zeigen, etc.


Zur Förderung der Erwartung könnten wir Aufgaben mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden bereitstellen, beginnend mit denen, die sie auch meistern können. Wir könnten Feedback geben, das eine individuelle Bezugsnorm berücksichtigt und sagen, was die/der Schüler:in bereits kann oder dazu gelernt hat, und natürlich könnten wir uns eines vorteilhaften Attributionsstils bedienen.


I want to be free!

Die Selbstbestimmungstheorie[6], insbesondere ihr Teil über unsere Grundbedürfnisse, ist eine weitere Motivationstheorie, die uns bei der Gestaltung des Unterrichts leiten kann, damit dieser motivationsförderlich ist. Sie postuliert, dass wir drei Grundbedürfnisse haben, die uns – wenn sie erfüllt sind – motivieren. Das Gute daran ist, dass wir ganz einfach Unterricht planen können, der Schüler:innen eine Struktur bietet, die ihren Grundbedürfnissen gerecht wird, aber Moment – welche drei magischen Bedürfnisse sind das?


Es sind:

1. Das Bedürfnis nach Autonomie

2. Das Bedürfnis nach Kompetenzerleben

3. Das Bedürfnis nach sozialer Eingebundenheit


Wir können versuchen sicherzustellen, dass sich unsere Schüler:innen autonom, kompetent und eingebunden fühlen:

Autonom, zum Beispiel durch Wahlmöglichkeiten zu Themen, Methoden, Sozialformen, zur Unterrichtsorganisation usw.

Kompetent, indem wir das Gleiche tun wie zur Förderung der Erwartung, d.h. bewältigbare Aufgaben geben, eine individuelle Bezugsnorm anwenden, konstruktives und atrributionales Feedback geben, ein positives Fehlerklima schaffen, d.h. Fehler sind gut und wir können daraus lernen, usw.

Eingebunden zum Beispiel indem wir die Schüler:innen respektieren, eine gute Beziehung zu ihnen aufbauen, uns der Beziehungen zwischen den Schüler:innen bewusst sind, Themen wie Mobbing präventiv angehen, Aufgaben geben, die Teamgeist erfordern, usw.


Zusammengefasst

Wenn wir nach diesen Theorien die Motivation unserer Schüler:innen fördern wollen, können wir uns daran erinnern:

  • Motivation ist relevant, um überhaupt mit einer Aufgabe zu beginnen und auch, um dabei zu bleiben

  • Wie wir unsere Ergebnisse bewerten, ist wichtig für die Motivation bei nachfolgenden Aufgaben

  • Wir können Ziele – gemeinsam mit unseren Schüler:innen – in erreichbaren Babyschritten setzen

  • Wir können Selbstmotivationstechniken vermitteln, z.B. einen Erfolg visualisieren und wie gut er sich anfühlen wird oder mir selbst eine Belohnung setzen, wenn ich ein Teilziel erreicht habe

  • Wir können mit positiven Emotionen arbeiten

  • Wir können Feedback geben, das einen günstigen Attributionsstil fördert und gemeinsam mit den Schüler:innen nach Ursachen suchen, die variabel sind und modifiziert oder beibehalten werden können

  • Wir können Aufgaben mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden anbieten, insbesondere solche, die jede:r Schüler:in meistern kann

  • Wir können Feedback geben, das zeigt, was der/die einzelne Schüler:in bereits erreicht hat

  • Wir können Interesse und Wertschätzung für die Themen und Aufgaben wecken und auch vorhandene Interessen der Schüler:innen nutzen

  • Wir können ein positives Fehlerklima schaffen

  • Wir können den Schüler:innen Wahlmöglichkeiten geben

  • Wir können unsere Schüler:innen respektieren und eine gute Beziehung zu ihnen aufbauen

  • Wir können die Beziehungen zwischen den Schüler:innen wahrnehmen und fördern und bei Problemen frühzeitig eingreifen oder vorbeugen

Letztlich können uns Motivationstheorien und selbstreguliertes Lernen ein wenig bei der Suche nach dem Heiligen Gral zur Motivation von Schüler:innen leiten.



[1] Subotnik, R. F., Olszewski-Kubilius, P., & Worrell, F. C. (2011). Rethinking giftedness and gifted education: A proposed direction forward based on psychological science. Psychological Science in the Public Interest, 12(1), 3–54. https://doi.org/10.1177/1529100611418056 [2] Heckhausen, H., Gollwitzer, P.M. & Weinert, F.E. (Eds.) (1987): Jenseits des Rubikon. Springer, Berlin, Heidelberg. [3] Corno, L. (2013). Volitional aspects of self-regulated learning. In B. J. Zimmerman & D. H. Schunk (Eds.), Self-regulated learning and academic achievement: Theoretical perspectives (2nd ed., pp. 179-212). Erlbaum. [4] Weiner, B. (1974). Achievement motivation and attribution theory. Morristown, N.J.: General Learning Press. [5] Eccles, J. S., & Wigfield, A. (2002). Motivational beliefs, values, and goals. Annual Review of Psychology, 53(1), 109–132. https://doi.org/10.1146/annurev.psych.53.100901.135153 [6] Ryan, R. M., & Deci, E. L. (2000). Self-determination theory and the facilitation of intrinsic motivation, social development, and well-being. American Psychologist, 55(1), 68–78. https://doi.org/10.1037/0003-066X.55.1.68


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